FERGUSON RIFLE
Steinschloss Hinterlader aus dem Jahr 1776
Auf den ersten Blick möchte man glauben, bei der dargestellte Waffe handle es sich um ein herkömmliches Steinschloss-Gewehr. Genauer gesagt um eine Büchse, denn das Visier besteht aus Kimme und Korn. Eine solche Ausführung des Visiers findet sich bei Flinten und Musketen selten. Darüber hinaus scheint es aber keine besonderen Auffälligkeiten zu geben. Zugegeben, der Abzugsrahmen sieht etwas eigentümlich aus, aber derartig eigenwillige Konstruktionen waren in einer Zeit als Gewehre noch in Handarbeit hergestellt wurden keine Seltenheit.
Der Schein trügt. Die Bilder zeigen eine Ferguson Büchse. Diese ist das wahrscheinlich erste Hinterlader-Gewehr, welches von regulären Truppen in einer Schlacht eingesetzt wurde. Zunächst aber einen kurzen Blick auf den Erfinder dieser Waffe:
Patrick Ferguson kam 1744 als Sohn eines schottischen Pastors zur Welt. Über seine Eltern hatte der äußerst intelligente und vielseitige Patrick schon früh Kontakt zu schottischen Vertretern der Aufklärung, wie dem Philosophen und Historiker David Hume oder dem Autor Samuel Richardson. Sein Onkel James Murray ermutigte ihn zu einer militärischen Karriere, woraufhin ihn sein Vater in das Regiment der Scots Greys einkaufte. Patrick diente mit den Scots im Siebenjährigen Krieg für das Heilige Römische Reich, bevor ihn eine Erkrankung am Bein zur Heimkehr zwang.
In Folge wurden seine Auslandeinsätze immer wieder durch seine labile Gesundheit unterbrochen. Die Zwangspausen konnten den äußerst motivierten Patrick aber nicht hindern, sich in der zu verschiedensten militärischen Fachgebieten weiterzubilden. Im Jahr 1775 konstruierte er ein Hinterlader-Gewehr, eine Verbesserung der um 1730 entstandenen Waffen des in London arbeitenden Franzosen Isaac de la Chaumette.
Der Verschluss von Ferguson’s Büchse basierte auf einem Bolzen mit Steilgewinde, der am vorderen Ende des Abzugsrahmens montiert war und den Verschluss des Laufs bildete. Durch eine volle Umdrehung des Abzugsrahmens im Uhrzeigersinn konnte der Schütze den Verschluss öffnen, Kugel und Pulver laden und mit der umgekehrten Bewegung am Abzugsrahmen wieder schließen. Ein Überladen der Waffe war nicht möglich, da der Bolzen beim Schließen überschüssiges Pulver in die Pfanne beförderte. Sechs Schuss pro Minute konnte ein geübter Schütze mit diesem neuen Gewehr abgeben. Die Brown Bess, damals Standard Muskete des britischen Militärs, sollte laut Reglement 2 Schuss pro Minute ermöglichen, eine reichlich optimistische Vorgabe.
Außerdem musste der Musketenschütze beim Laden seiner Waffe aufrecht stehen, während ein mit Ferguson's Büchse ausgestatteter Soldat sein Gewehr auch im Liegen oder kniehend bequem und schnell laden konnte.
Die hohe Feuergeschwindigkeit war aber nur eines der revolutionären Merkmale dieser Waffe. Zudem war Fergusons Gewehr eine Büchse, hatte also einen gezogenen Lauf. Ein durchschnittlich geübter Schütze konnte ein manngroßes Ziel auf 200 Yards Entfernung zuverlässig treffen. Für Infanteriewaffen der damalige Zeit sensationell, denn Büchsen waren bis dahin für reguläre Infanterie-Einheiten aufgrund der langsamen Ladezeiten kein Thema, Musketenschützen wiederum konnten froh sein, mit der Brown Bess ein vergleichbares Ziel auf 80 Yards Distanz überhaupt zu treffen. Darüberhinaus war die Ferguson Rifle für ihre Zeit sehr unempfindlich gegen Nässe und Verschmutzung. Bei Tests wurde der Lauf mit Wasser gefüllt, anschließend die unbrauchbare Ladung bei geöffnetem Verschluss mit dem Reinigungs-Stock aus dem Lauf gestoßen, das Gewehr kurz gesäubert, neu geladen, und schon konnte weitergeschossen werden.
Obwohl Ferguson bei Demonstrationen seines Gewehrs stets begeistern konnten, reagierten die Beamten des britischen Kriegsministeriums gewohnt konservativ und zurückhaltend. Immerhin wurden zunächst 100 Stück der Ferguson Rifle in Auftrag gegeben, 1776 folgten eine Bestellung über weitere 200 Einheiten.
Ferguson ging mit einer Scharfschützen-Kompanie nach Nordamerika, wo gerade der Unabhängigkeitskrieg tobte. Bereits in der ersten Schlacht – jener um die Stadt Philadelphia – wurde Ferguson schwer verwundet, eine Gewehrkugel zerschmetterte seinen Ellenbogen. Er behielt einen steifen Arm, die Weiterentwicklung seiner Büchse gab er auf. 1780 fiel Patrick Ferguson bei der Schlacht von Kings Mountain. Die Ferguson Rifle geriet in Vergessenheit.
Heute sind in den USA zwei Exemplare dieser außergewöhnlichen Waffe erhalten, eines befindet sich Morristown National Park Museum in New Jersey, das andere im Milwaukee Public Museum. Die Firma Narragansett Arms in Indianapolis stellt gelegentlich kleine Serien von Replikas dieser der Ferguson Rifle her, bei TheRifleShoppe in Oklahoma ist ein sehr schöner, aber äußerst anspruchsvoller Bausatz erhältlich, für den die Gussformen von den erhaltenen Originalen abgenommen wurden. Für Liebhaber ist es also schwierig, aber immerhin möglich, an eine schussfähige Ferguson Rifle zu kommen.
FERGUSON RIFLE
Steinschloss Hinterlader aus dem Jahr 1776
Auf den ersten Blick möchte man glauben, bei der dargestellte Waffe handle es sich um ein herkömmliches Steinschloss-Gewehr. Genauer gesagt um eine Büchse, denn das Visier besteht aus Kimme und Korn. Eine solche Ausführung des Visiers findet sich bei Flinten und Musketen selten. Darüber hinaus scheint es aber keine besonderen Auffälligkeiten zu geben. Zugegeben, der Abzugsrahmen sieht etwas eigentümlich aus, aber derartig eigenwillige Konstruktionen waren in einer Zeit als Gewehre noch in Handarbeit hergestellt wurden keine Seltenheit.
Der Schein trügt. Die Bilder zeigen eine Ferguson Büchse. Diese ist das wahrscheinlich erste Hinterlader-Gewehr, welches von regulären Truppen in einer Schlacht eingesetzt wurde. Zunächst aber einen kurzen Blick auf den Erfinder dieser Waffe:
Patrick Ferguson kam 1744 als Sohn eines schottischen Pastors zur Welt. Über seine Eltern hatte der äußerst intelligente und vielseitige Patrick schon früh Kontakt zu schottischen Vertretern der Aufklärung, wie dem Philosophen und Historiker David Hume oder dem Autor Samuel Richardson. Sein Onkel James Murray ermutigte ihn zu einer militärischen Karriere, woraufhin ihn sein Vater in das Regiment der Scots Greys einkaufte. Patrick diente mit den Scots im Siebenjährigen Krieg für das Heilige Römische Reich, bevor ihn eine Erkrankung am Bein zur Heimkehr zwang.
In Folge wurden seine Auslandeinsätze immer wieder durch seine labile Gesundheit unterbrochen. Die Zwangspausen konnten den äußerst motivierten Patrick aber nicht hindern, sich in der zu verschiedensten militärischen Fachgebieten weiterzubilden. Im Jahr 1775 konstruierte er ein Hinterlader-Gewehr, eine Verbesserung der um 1730 entstandenen Waffen des in London arbeitenden Franzosen Isaac de la Chaumette.
Der Verschluss von Ferguson’s Büchse basierte auf einem Bolzen mit Steilgewinde, der am vorderen Ende des Abzugsrahmens montiert war und den Verschluss des Laufs bildete. Durch eine volle Umdrehung des Abzugsrahmens im Uhrzeigersinn konnte der Schütze den Verschluss öffnen, Kugel und Pulver laden und mit der umgekehrten Bewegung am Abzugsrahmen wieder schließen. Ein Überladen der Waffe war nicht möglich, da der Bolzen beim Schließen überschüssiges Pulver in die Pfanne beförderte. Sechs Schuss pro Minute konnte ein geübter Schütze mit diesem neuen Gewehr abgeben. Die Brown Bess, damals Standard Muskete des britischen Militärs, sollte laut Reglement 2 Schuss pro Minute ermöglichen, eine reichlich optimistische Vorgabe.
Außerdem musste der Musketenschütze beim Laden seiner Waffe aufrecht stehen, während ein mit Ferguson's Büchse ausgestatteter Soldat sein Gewehr auch im Liegen oder kniehend bequem und schnell laden konnte.
Die hohe Feuergeschwindigkeit war aber nur eines der revolutionären Merkmale dieser Waffe. Zudem war Fergusons Gewehr eine Büchse, hatte also einen gezogenen Lauf. Ein durchschnittlich geübter Schütze konnte ein manngroßes Ziel auf 200 Yards Entfernung zuverlässig treffen. Für Infanteriewaffen der damalige Zeit sensationell, denn Büchsen waren bis dahin für reguläre Infanterie-Einheiten aufgrund der langsamen Ladezeiten kein Thema, Musketenschützen wiederum konnten froh sein, mit der Brown Bess ein vergleichbares Ziel auf 80 Yards Distanz überhaupt zu treffen. Darüberhinaus war die Ferguson Rifle für ihre Zeit sehr unempfindlich gegen Nässe und Verschmutzung. Bei Tests wurde der Lauf mit Wasser gefüllt, anschließend die unbrauchbare Ladung bei geöffnetem Verschluss mit dem Reinigungs-Stock aus dem Lauf gestoßen, das Gewehr kurz gesäubert, neu geladen, und schon konnte weitergeschossen werden.
Obwohl Ferguson bei Demonstrationen seines Gewehrs stets begeistern konnten, reagierten die Beamten des britischen Kriegsministeriums gewohnt konservativ und zurückhaltend. Immerhin wurden zunächst 100 Stück der Ferguson Rifle in Auftrag gegeben, 1776 folgten eine Bestellung über weitere 200 Einheiten.
Ferguson ging mit einer Scharfschützen-Kompanie nach Nordamerika, wo gerade der Unabhängigkeitskrieg tobte. Bereits in der ersten Schlacht – jener um die Stadt Philadelphia – wurde Ferguson schwer verwundet, eine Gewehrkugel zerschmetterte seinen Ellenbogen. Er behielt einen steifen Arm, die Weiterentwicklung seiner Büchse gab er auf. 1780 fiel Patrick Ferguson bei der Schlacht von Kings Mountain. Die Ferguson Rifle geriet in Vergessenheit.
Heute sind in den USA zwei Exemplare dieser außergewöhnlichen Waffe erhalten, eines befindet sich Morristown National Park Museum in New Jersey, das andere im Milwaukee Public Museum. Die Firma Narragansett Arms in Indianapolis stellt gelegentlich kleine Serien von Replikas dieser der Ferguson Rifle her, bei TheRifleShoppe in Oklahoma ist ein sehr schöner, aber äußerst anspruchsvoller Bausatz erhältlich, für den die Gussformen von den erhaltenen Originalen abgenommen wurden. Für Liebhaber ist es also schwierig, aber immerhin möglich, an eine schussfähige Ferguson Rifle zu kommen.